Teil II - Kapitel Vier, Fünf und Sechs

Viertes Kapitel


Ein einziges Wort, gesprochen mit Überzeugung in voller Aufrichtigkeit und ohne zu schwanken während man Auge in Auge einander gegenüber steht, sagt bei weitem mehr als einige Dutzend Bogen beschriebenes Papier.
(Fjodor Dostojewski)


Es liegt also wie wir heute (hoffentlich alle) wissen, jeder Mensch, auch Erdenbürger genannt, fein säuberlich archiviert in einem Aktenschrank. Also bildlich gesprochen, es liegen natürlich keine echten Menschen aus Fleisch, Blut und Tränen in diesen Schränken, es liegen dort lediglich ihre Abbilder, die Menschen wurden und werden also allesamt dubliziert und archiviert und jedes einzelne Dublikat wird dann, in regelmäßigen Zeitabständen aus seinem Hängeregister herausgenommen und entsprechend des Werdegangs seines Originals aktualisiert. Soweit so recht oder schlecht.

Nun bleibt es aber leider nicht bei diesem ersten (bürokratischen) Akt:

Die Abbilder in den Aktenschränken werden zudem auch noch patentiert. Wovon die Menschen und Erdenbürger allerdings bislang noch überhaupt keinen Wind bekommen haben. Oder hätten sie sonst, also wenn sie sich dieses Umstandes bewusst gewesen wären, so leichtfertig die Patentrechte auf ihr eigenes Leben in die Hände dieser undurchsichtigen Institutionen gelegt, Institutionen die nun, da sie diese Patentrechte besitzen, mit den von ihnen angefertigten Dublikaten tun und lassen können, was sie wollen?

Ich bin sicher, der Tag wird kommen, an dem auch wir beide einander Auge in Auge gegenüber stehen werden. Dann werde ich Dir keine Briefe mehr schreiben müssen, wir werden uns sehen und erkennen und ob es dann überhaupt noch irgend eines Wortes bedarf, bleibt abzuwarten.

(hier sollte jetzt wieder ein Jump Break das Blatt teilen, tut er aber eben nicht.
Fünftes Kapitel


Die Puppe aus Luft
(Titel des Romans im Roman 1Q84 von Haruki Murakami)

Als wenn das alles nicht schon schlimm genug wäre. Die Abbilder unserer Leben, patentiert in fremden Händen. Verwaltet von Leuten, die sich nicht nur das Patentrecht auf unsere Leben herausgenommen haben, sondern die zudem auch noch die Lizenz zum Töten in ihren Westentaschen tragen.

Von den Zulieferern, Subunternehmern und Handlangern der Firma, in deren Aktenschränken unsere Abbilder archiviert werden, war bislang ja noch überhaupt nicht die Rede. Diese sind so zahlreich, dass ihre Auftraggeber selbst schon jeden Überblick verloren haben. Diese Subunternehmer und Handlanger verfügen zwar selbst weder über das Patentrecht auf unsere Leben noch über eine Lizenz zum Töten, doch macht das ja letztlich überhaupt keinen Unterschied. Lizenz hin oder her - sie haben Zugriff auf die Aktenschränke und sind ihrerseits in der Lage, weitere Kopien unserer Abbilder herzustellen. Und was dann mit diesen Abbilder unserer Abbilder geschieht, entzieht sich jeglicher Kontrolle. Sie können verkauft und versteigert werden, zu Wargames, Porno- oder Heimatfilmen verramscht werden, die Fantasie kennt bekanntlich keine Grenzen.

Und ob unsere Abbilder nun in die Katakomben einer legalen Mafia oder die Abbilder unsere Abbilder in die Katakomben einer nicht legalen Mafia verschleppt werden, spielt ja nun auch keine Rolle, der Zustand des ausgeliert seins ist und bleibt der selbe.

Ein Held darf der genannt werden, dem die Freiheit und das Recht der Menschen auf ihr eigenes Leben mehr wert ist, als alles Geld der Welt und der um diese Freiheit und des unveräußerlichen Menschenlebensrechts von uns allen, seine eigene Freiheit opfert.




Sechstes Kapitel

mei fang
(chinesischer Name)

Wusstest Du, dass jedem Menschen nicht nur ein ganz bestimmter Ton zugrunde liegt (also ich meine das jetzt musikalisch und beziehe mich nicht etwa auf besagten Lehmklumpen – der kam ja erst viel später ins Spiel....) sondern zudem noch seine ganz eigene Duftnote ausstrahlt? Auch hierbei beziehe ich mich nicht auf irgendwelche sexuellen Botenstoffe oder dergleichen. Es ist die Seele, von der ich spreche und die duftet. Und nicht nur in ihrer irdischen Erscheinung, nein sondern noch über den Tod hinaus. Sie ist, neben dem Ton oder Klang, das Erkennungszeichen schlechthin. Meine Großmutter beispielsweise kündigte mir ihre Besuche immer durch ihren ganz spezifischen, fliederartigen Duft an (den es im Übrigen in keiner Parfümerie dieser Welt zu kaufen gibt und der auch weder kopiert noch patentiert werden kann!)

Wie schlimm es tatsächlich um unsere Welt steht, kann Dir also nicht nur dein Ohr verraten (die Schaltzentralen der Macht sollten mit Tinitus-Warhnhinweisen ausgestattet werden!) sondern vor allem Deine Nase.  Die, wenn Du ihr vertraust, sich auch von keinem Parfüm oder Deodorant der Welt täuschen lässt. Es gibt Menschen, die von Natur aus betörender duften als sie glauben und die, würden sie sich an diesem ihrem ureigenen Duft orientieren, auch um so leichter das für sie passende Parfüm in den Parfümerien dieser Welt finden würden.

Während es wiederum Menschen gibt,  denen sowohl der Duft der Seele als auch ihr Klang vollkommen am Arsch vorbeigehen. Wenn Du beispielsweise schon einmal einen BILD-Reporter mit deiner Nase erschnüffelt hast, weißt Du wovon ich rede.

>>weiter zu Kapitel Sieben, Acht und Neune