Viertes Kapitel

I am going out one door, and shall go through another. 
(Baal Shem Tov)

Seit gestern haben wir hier eine neue Haustüre. Was für sich genommen natürlich noch keine Meldung, geschweige denn einen neuen Brief an dich wert wäre. Kommen wir also zur Vorgeschichte, die trug sich so zu: Meine Tochter, die jüngste, wollte ihren Freund endlich los werden, mit dem sie eigentlich gar nicht zusammen sein wollte (ja auch wieder so eine Geschichte...) Er wollte ihr aber nicht von der Pelle rücken. So hat sie ihn dann rausbegleitet und vor der Tür Pfefferspray gesprüht, ist dann schnell wieder ins Haus zurück und hat die Tür von innen zugesperrt. Da ist der arme Kerl ausgerastet und hat mit der Faust die Glasscheibe zertrümmert. Und sich natürlich auch schwer dabei verletzt (was meiner Tochter dann später, als er ihr das via mail mitteilte, natürlich wieder extrem leid tat...) Dann kam auch noch just die Nachbarin, also die aus dem UG und hat zu allem Überfluss noch die ganze Ladung Pfefferspray eingeatmet, wurde fast ohnmächtig und hat dann voller Panik die Polizei angerufen, weil sie dachte es wären Einbrecher im Haus.

Die rückten hier dann an, mit einem Aufgebot wie man es sonst nur von den montäglichen Demonstrationen am Hauptbahnhof kennt.

Und ich oben in meiner Besenkammer, habe von alledem nichts mitbekommen. Unglaublich. Jedenfalls fühle ich mich seither schon auch ein wenig beschützt, von den Herren in blau (bzw. grün, immer öfter auch ganz in schwarz).

Jetzt bräuchte ich nur auch noch eine neue Wohnungtür bei mir oben, die wurde nämlich auch eines unschönen Tages von weiss der Geier wem aufgebrochen, während meiner Abwesenheit. Leider habe ich nicht registriert, wann genau das passiert ist. Keiner hat etwas mitbekommen. Täter unbekannt. Jedenfalls schließt sie seitdem nicht mehr richtig.  Also mit Schlüssel geht sie noch zu, aber nur wenn man sie abschließt. Weswegen ich hier auch ständig auf- und zu schließen muss, wenn jemand ein und aus geht. 

Schöne Zustände sind das!  Es greifen hier nicht nur Unbefugte auf meine Rechner zu, es waren auch schon Unbefugte während meiner Abwesenheit in meiner Wohnung. Kein sehr schönes Gefühl ist das.

Aber jetzt freut sich die Hausgemeinschaft ersteinmal an der neuen Haustür. Und in letzter Zeit war es dann ja auch wieder recht friedlich im Gelände. Zwar höre ich immer noch Hubschrauber übers Dach dröhnen, aber nicht mehr so massiv und es sind glücklicherweise auch keine mehr im Tiefflug und mit Scheinwerfer vorm Schlafzimmerfenster aufgetaucht. Auch diese kleinen Militärflugzeuge knattern nach wie vor durch die Lüfte. Drohnen habe ich keine mehr gesehen, seit jenem Tag im September, um genau zu sein war es der 8. September 2012, so sagt es mir mein musikalisch-digitales Tagebuch.  (Was ja nichts heißen mag, diese Miniluftschiffchen sind ja lautlos und noch dazu winzig klein und da ich hier nicht mit dem Feldstecher auf der Lauer liege, könnte es durchaus sein, dass die Dinger hier auch weiterhin ihre Runden drehen...)

Everything above and below is one unity.
Noch so ein Zitat vom ehrwürdigen Baal Shem Tov. Hmm...Könnte hier unten auf so einiges von da oben locker und gerne verzichten. (allerdings auch hier oben auf so manches von unten).